Der kurze Weihnachtsfrieden von 1914. Ein Wunder, als es niemand für möglich hielt

Der kurze Weihnachtsfrieden von 1914

Geplant war ein kurzer Waffengang. An Weihnachten wollte man wieder daheim bei den Liebsten sein. Doch der Durchmarsch kam in Belgien zum Stehen. Die verfeindeten Truppen begannen Ende 1914, sich einzugraben. Mitunter waren die feindlichen Linien nur wenige Dutzend Meter voneinander entfernt – in Hörweite. Was dann an einem Frontabschnitt in den Ardennen geschah, schildert ein deutscher Soldat:

„Ein Engländer kam aus dem Graben heraus und hielt beide Hände hoch. In der einen Hand hielt er Zigaretten und Tabak. Er kam auf unsere Leute zu und reichte ihnen die Hand. ,Merry Christmas, Jerry!‘ So nannten die Briten die deutschen Soldaten. Umgekehrt wurden die Briten bei uns ‚Tommy‘ genannt. ,Frohe Weihnachten, Tommy!‘ Wir stellten am kilometerlangen Schützengraben Kerzen auf. Das war die reinste Illumination, über die die Engländer durch Zurufe und Händeklatschen ihre Freude ausdrückten.“ (mehr Infos)

Das berühmte Bild, aufgenommen von einem unbekannten Amateurfotografen, wahrscheinlich am 1. Weihnachtstag, zeigt deutsche und englische Truppen. Die Herren in hellen Mänteln sind britische Offiziere, die deutschen Offiziere tragen dunkle Mäntel oder Uniformjacken und sind ebenfalls an ihren Mützen zu erkennen. Die Mannschaftsdienstgrade tragen Einsatzkampfkleidung. In Ypern soll es am Weihnachtstag auch ein Fußballspiel zwischen deutschen und englischen Soldaten gegeben haben.
Der Ort, an dem dieses Foto aufgenommen worden ist, wird oft als „Niemandsland“ bezeichnet, weil es zwischen den Frontlinien lag. Da es aber belgisches Territorium ist, ist dieser Begriff irreführend.

Der offiziell nie geduldete Waffenstillstand fand an mehreren Frontabschnitten statt und dauerte bis zum 25. Dezember. Fast überall wurde am 26. Dezember wieder geschossen. Er wiederholte sich auch in den Folgejahren nicht, denn die Befehlshaber drohten im Wiederholungsfall mit dem Verfahren vor einem Kriegsgericht.

Anmerkungen für den Religionsunterricht
Kann dieses Bild im Unterricht eingesetzt werden?
Unbedingt! Friedlosigkeit in eine neues altes Kennzeichnen unserer Zeit. Dieses Bild zeigt, dass der Frieden ein hohes Gut ist.

Was können Kinder und Jugendliche dabei lernen?
Sie denken über die Frage nach, warum die Soldaten für die Unterbrechung des Krieges den Weihnachtstag wählten. Sie finden die Antwort im Chor der Engel, von dem das Lukasevangelium erzählt: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden.“ (Lk 2,14)

Welche Intention verbindet sich mit der Arbeit mit diesem Bild?
Der kurze Weihnachtsfriede von 1914 ereignete sich, als es niemand für möglich hielt. Ich bin sicher, dass viele Menschen, die dieses kurze und zeitlich befristete Wunder vor über 100 Jahren erlebten und nach dem Krieg lebend und gesund heimkehren durften, die Friedensbotschaft des Engels neu verstanden.

Weitere Impulsfragen
– Du kennst nun die Geschichte des Weihnachtsfriedens von 1914. Ist es für dich ein Wunder? Begründe!
– Schaue in die Gesichter der Männer. Wie geht es ihnen?
– Manche Menschen nennen dieses Foto ein Bild des Friedens. Was meinst du?

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