Horst Heller
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Zuwanderer und Flüchtlinge brauchen Wohnraum. Und der ist knapp. Neue Wohnungen kosten Geld, aber die Kasse der Städte und Gemeinden ist chronisch leer. Die Bundesregierung will das Problem nun mit Einlasskontrollen lösen. Die „Party Europa“ wird zur geschlossenen Gesellschaft, nur Mitglieder dürfen mitfeiern. Die Eingänge sollen verriegelt und besser bewacht werden.
Es gibt aber Partygäste, die haben es ohne Einladung geschafft hereinzukommen. Es sind Zuwanderer aus „Failing States“, Arbeitsmigranten oder Kriegsflüchtlinge. Sie wollten hier „nur“ ein normales Leben: Sicherheit, etwas Wohlstand und vielleicht eine Zukunft für sich und ihre Familie. Doch die Partyregeln sind streng. Wer kein Ticket hat, muss gehen. Der Ordnungsdienst verweist sie des Raums. Notfalls werden sie eingesperrt. Sollen sie doch in Ruanda einen Asylantrag stellen!
Privatpartys sind an sich nichts Unmoralisches. Doch ganz privat sind sie gar nicht. Einige Ehrengäste, gesuchte Fachkräfte, werden von den Türstehern hereingebeten. Ihnen wird – mit einer halbherzigen Willkommenskultur, denn der deutsche Pass soll ein rares Gut bleiben – der schwarz-rot-goldene Teppich ausgerollt. Sie sind in ihren Heimatländern ausgebildet und werden nun nach Europa gelockt.
Diese Migrationspolitik ist imperialistisch, unsozial und kurzsichtig. Imperialistisch, denn die Industrieländer nutzen nicht nur die Rohstoffe, die Bodenschätze, die Arbeitskraft und die Konsumwünsche der ganzen Welt, um den eigenen Wohlstand zu sichern. Sie nehmen den Herkunftsländern auch ihre besten Frauen und Männer. In Indien, Ägypten und Indonesien werden diese nun fehlen. Sie ist unsozial. Wer uns nützt, darf kommen. Die Armen und Chancenlosen aber bleiben, wo sie sind. Es kümmert uns nicht, wie es den Menschen in den Längern geht, die unseren Wohlstand miterwirtschaften. Sie ist schließlich kurzsichtig, denn sie perpetuiert die Armut in diesen Ländern. Den Schlepperbanden geht die Kundschaft nicht aus.
Vor 130 Jahren verlief die Migration in die andere Richtung. Deutsche wanderten zu Hunderttausenden in die „Neue Welt“ aus. Auch in meiner Familie suchten und fanden Menschen in den „Staaten“ ihr Glück. Heute wollen Menschen aus fernen Ländern das Gleiche tun, aber nun ist Deutschland ihr Ziel. Wir nennen das illegale Migration.
Auf dieser Party mag ich nicht mitfeiern. Europa kennt keine Grenzen, wenn es darum geht, Waren zu exportieren und zu importieren. Für klugen Kopfe will es seine Türen öffnen. Die Mitverantwortung für die Überwindung der weltweiten Armut aber beschränkt sich auf milde Gaben. Hohe Zäune und Pushbacks an den Grenzen sind inhuman. Es muss Wege einer legalen Migration geben.
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