Der Jahrhundertschritt

Ein Bein ist nackt, das andere trägt einen Soldatenstiefel mit rotem Streifen. Der rechte Arm ist zum „Heil-Gruß“ gereckt, die linke Faust geballt. Diese seltsame Figur ist aggressiv und zugleich getrieben, sie versucht einen großen Schritt nach vorne, hat aber selbst keinen festen Stand. Sie hat kein Ziel, keine Orientierung. Sie ist allein, in sich zerrissen. Wo ist der Kopf? Er ist kaum zu sehen, eingezogen, halb bedeckt und sehr klein.

Die Bronzeplastik von Wolfgang Mattheuer aus dem Jahr 1984 steht für zwei Diktaturen der jüngeren Geschichte. Die Demokratie und der Rechtsstaat, die ausgleichen und die Schwachen schützen, brauchen mitdenkende Menschen, die Verantwortung übernehmen.

Gesehen in Leipzig und notiert aus Anlass des 70. Jahrestags des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland

Blogbeiträge zum Thema auf http://www.horstheller.de
08.05.2019: Der Jahrhundertschritt – Aus Anlass des 70. Jahrestags des Grundgesetzes eine Erinnerung an Wolfgang Mattheuers Plastik aus dem Jahre 1984
09.10.2019: Nikolaikirche Leipzig: Hier wurde vor 30 Jahren das Ende der SED-Herrschaft eingeleitet.
24.11.2019: Die Mauer, der Friedhof und die freie Sicht. Drei Dinge, die mir aufgefallen sind, als ich kurz vor dem Gedenktag der Maueröffnung in Berlin war
22.01.2020: Berlin, Bernauer Straße: Vor 35 Jahren wurde die Versöhnungskirche gesprengt. Sie behinderte die Sicht vom Wachturm auf den Todesstreifen.